Corona und Zahnarztangst: Doppelt mutig statt zweimal ängstlich
Wir leben in einer Zeit der Angst. Zu verdanken haben wir das Corona und den Folgen, die sich daraus ergeben. Für Menschen mit Zahnarztangst (Dentalphobie) stellt Corona eine besondere Herausforderung dar. Denn der Gang in die Zahnarztpraxis ist ohnehin schon schwer. Durch Corona wird es nicht leichter.
Aber es gibt Hoffnung.
„Ich gehe lieber nach Corona zum Zahnarzt.“
Diesen Satz werden sich in diesen Zeiten wohl viele Angstpatienten sagen. Und wer ehrlich mit sich ist, wird wissen, dass das eine vorgeschobene Begründung ist. Denn für Menschen mit Dentalphobie lassen sich immer Gründe finden, den Besuch in der Praxis aufzuschieben. Oft wird so lange gewartet, bis es einfach nicht mehr anders geht.
Das Aufschieben ist ein grundsätzliches Thema für Menschen mit Zahnarztangst. Und weil das so ist, könnte man auch etwas provozierend einwenden: Warum warten? Corona liefert nur wenige Argumente, den Praxisbesuch aufzuschieben. Und, auch wenn das auf den ersten Blick beunruhigend klingen mag, das ist eine gute Nachricht.
Kann man sich beim Zahnarzt mit Corona anstecken?
Eine berechtigte Frage. Und ein scheinbar guter Grund, mit dem Besuch beim Zahnarzt doch besser zu warten, bis die Praxen wieder „sicher“ sind. Doch tatsächlich ist die Gefahr, sich in einer Zahnarztpraxis anzustecken, sehr gering. Zum einen lassen sich Ärzte und Angestellte regelmäßig auf Corona testen. Zum anderen gibt es Antigen-Schnelltests, die ebenfalls durchgeführt werden und die sehr verlässlich sind.
Es sind zumindest uns keine Fälle bekannt, bei denen der Besuch bei einem Zahnarzt zu einer Infektion oder gar Erkrankung geführt hätte.
Was ist dran an der Empfehlung der WHO?
Anfang November 2020 gab es eine Meldung, aus der hervorging, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO wegen der angespannten Corona-Lage von Zahnarztbesuchen abrate. Sie begründete diesen Rat mit der erhöhten Infektionsgefahr.
Es dauerte nicht lange, bis die Bundesvereinigung der Zahnärzte gegen diese WHO-Empfehlung lautstark protestierte. Man sollte den Ratschlag der WHO aber trotzdem ernst nehmen, zumindest wenn man in Ländern lebt, die ohnehin Schwierigkeiten mit hygienischen Standards haben. Denn wenn man eine solche Situation vorfindet, besteht ohne Zweifel die Gefahr, sich bei einem Zahnarztbesuch in der Praxis anzustecken.
In Deutschland sind die Praxen allerdings auf einem hohen hygienischen Niveau, so dass man die Aussage der WHO getrost vernachlässigen kann.
„Und wenn ich selbst Corona habe?“
Das ist eine gute Frage, und wir wünschen allen Lesern, dass sie sich diese gar nicht stellen müssen. Wenn aber ein PCR-Test dennoch positiv ausgefallen sein sollte, ist das kein Grund, auf den Zahnarztbesuch zu verzichten.
Denn es gibt zahlreiche Praxen, die auch Patienten behandeln, die sich mit Covid-19 angesteckt haben. Diese Praxen bieten separate Wartebereiche und achten bei der eigentlichen Behandlung in besonderer Weise darauf, dass keine Gefahr besteht.
„Was mache ich, wenn sich der Zahnarzt nicht an die Corona-Regeln hält?“
Tatsächlich soll es solche Fälle geben. So hat laut einem Zeitungsbericht ein Zahnarzt im Landkreis Waldshut ganz offensiv damit geworben, keine Maskenpflicht vorzuschreiben. Das hatte natürlich Folgen, doch auch wenn sich der Fall tatsächlich so zugetragen haben sollte, ist das für Menschen mit Dentalphobie kein Grund, sich damit näher zu beschäftigen.
Denn für Angstpatienten gilt die goldene Regel, sich in erster Linie mit sich selbst und den eigenen Ängsten zu befassen. Immer mehr Menschen stellen sich dieser Herausforderung, und das ist eigentlich schon fast mehr, als man erwarten könnte.
Die Praxis des Vertrauens
Wer den ersten – sehr, sehr wichtigen – Schritt gemacht hat und sich mit dem Besuch beim Zahnarzt beschäftigt, ist körperlich wie geistig voll eingebunden in diesen Prozess. Wir haben diese Seite ins Leben gerufen, weil uns klar ist, wie schwer es für Menschen mit Dentalphobie ist, sich zu überwinden und den ersten Praxisbesuch zu planen.
Eine Praxis, die sich auf Angstpatienten spezialisiert hat, wird bei dem ersten Termin grundsätzlich nur ein Gespräch führen. Wenn es die Situation erlaubt, wird vielleicht kurz in den Mund des Patienten geschaut, um sich ein Bild der Lage zu machen. Aber nur mit dessen ausdrücklicher Einwilligung.
Ob die spätere Behandlung dann unter Vollnarkose, mit Lachgas, Hypnose oder anderen Hilfsmitteln eingesetzt wird, ist ein anderes Thema, zu dem wir hier ebenfalls Artikel veröffentlicht haben. Man kann sich aber merken, dass das „Hören aufs eigene Gefühl“ immer eine richtige Entscheidung für Angstpatienten ist. Nur wer sich beim ersten Besuch in der Zahnarztpraxis wohl fühlt, sollte dort auch wieder hingehen.
„Wohlfühlen, wie soll das denn gehen?“, mögen jetzt spontan einige Betroffene denken. Aber ja, es ist tatsächlich so. Patienten mit Dentalphobie berichten immer wieder, dass sich, nachdem Sie ihre Angst überwunden hatten, danach wirklich ein Wohlfühlen bei ihnen einstellte.
Blenden Sie Corona aus!
Wir wissen, dass das jetzt wie ein eher schlechter Ratschlag klingt. Aber wir meinen es genau so. Denn Sie wissen es selbst am besten: Die Angst vor dem Zahnarzt auf dem Niveau der Dentalphobie ist etwas, das den ganzen Menschen fordert.
Wenn Sie also schon vor dem Ausbruch der Krise auf dem Weg waren, sich Ihrer Angst zu stellen, sollten Sie sich genau darauf auch jetzt fokussieren. Es gibt Praxen, die für Sie geeignet sind, und es gibt Praxen, die sich auf Angstpatienten spezialisiert haben. Allein das sollte in den Fokus Ihrer Gedanken und Emotionen rücken.
Natürlich sind wir alle von Corona in Mitleidenschaft gezogen worden, und selbstverständlich kann sich dem niemand entziehen. Aber betroffen sind nur bestimmte Lebensbereiche. Das ist schon tragisch genug, doch sich zusätzlich ein Szenario aufzumachen, in dem die eigene Angst vor dem Zahnarzt und die vor Corona „Hand in Hand“ gehen, ist ein schlechter Ratgeber.
Konzentrieren Sie sich auf Ihr Vorhaben, auf Ihren Plan, sich behandeln zu lassen. Gehen Sie jeden kleinen Schritt, der dafür erforderlich ist. Und sperren Sie dabei Gedanken aus, die Ihnen nicht guttun.
Sie werden sehen, es wird Ihnen den weiteren Weg erleichtern.
Erfahrungsberichte
Ein Mann erzählt, dass ihm im Jugendalter von seinem Zahnarzt verdächtig viele Zähne gezogen wurden. Andere Behandlungsoptionen schienen für den Zahnmediziner keine Option zu sein. Der Betroffene leidet noch heute unter starker Zahnarztangst.
Alexander könnte als klassischer Fall bezeichnet werden. Durch seine Zahnarztangst war er schon jahrelang nicht mehr in einer Praxis. Als er sich dann durchgerungen hat, hatte er das Glück, zu einem Zahnarzt zu kommen, der empathisch auf seine Ängste eingegangen ist und die Behandlung nicht überstürzt hat.
Jana hat bei ihrem Zahnarztbesuch gleich zwei wichtige Erfahrungen gemacht. Zum einen hat sie festgestellt, dass Lachgas seinen Namen nicht der Eigenschaft des Lachens zu verdanken hat. Die beruhigende Wirkung hat sich aber positiv auf die Behandlung ausgewirkt. Und zum anderen ist Jana der festen Überzeugung, dass selbst die besten Methoden wirkungslos sind, wenn der Zahnarzt unsensibel ist.
Bei Max war es sein 50. Geburtstag, der ihn die Entscheidung treffen ließ, nun allen Mut zusammen zu nehmen und einen Zahnarzt aufzusuchen. Belohnt wurde sein Mut nicht, zumindest zunächst nicht. Max musste die Erfahrung machen, dass nicht jede Praxis, die vorgibt, auf Dentalphobie spezialisiert zu sein, das auch wirklich ist. Letztlich fand er aber die Praxis, die mit ihm vorsichtig genug umgehen konnte.
Wenn es ein Vorzeigebeispiel für ein Kindheitstrauma gibt, dann ist Petra sicher die beste Wahl. Sie kannte bis zu ihrem 10. Lebensjahr überhaupt keine Angst vorm Zahnarzt und wurde dann von einem Zahnmediziner so plump behandelt, dass sie von diesem Zeitpunkt an nicht mehr ohne Panik eine Praxis aufsuchen konnte. Sie musste bis zum 40. Lebensjahr warten, bevor sie einen Zahnarzt fand, der einfühlsam mit ihr umging.
Daniel hat erkannt, dass seine Zahnarztangst erheblichen negativen Einfluss auf sein Leben nimmt. Bei ihm war es weniger die Angst als vielmehr die Scham, die ihm das Leben schwergemacht hat. Er traute sich kaum noch unter Leute, weil ihm seine Zähne peinlich waren. Nachdem er sich aufgerafft hatte, zu einem feinfühligen Zahnarzt zu gehen, hat er ein völlig neues Lebensgefühl.
Bei Andrea liegt ein Teil des Problems in der Kommunikation. Oder besser: in der fehlenden Kommunikation. Sie hatte als junges Mädchen einen Zahnarztbesuch, der eine umfangreiche Behandlung zur Folge hatte. Doch reden wollte darüber niemand mit ihr.
Nachrichten
Wer Patienten mit Dentalphobie verstehen will, muss sich zunächst von zahlreichen eigenen Einschätzungen und Einstellungen verabschieden. Denn die Wahrnehmung von Menschen mit Zahnarztangst ist eine andere. Wer das weiß, ist einen großen Schritt weiter – und wird die Spritze mit neuen Augen betrachten.
Der Zahnarztbesuch ist immer wieder so ein Thema. Während die eine Personengruppe sich auf den Behandlungsstuhl setzt, als würde sie in einem Kinosessel Platz nehmen, bekommt die andere schon Panik, wenn sie auch nur an den Geruch einer Praxis denkt. Eine russische Künstlerin möchte auf das Thema Zahnhygiene aufmerksam machen und hat dazu sehr eigenwillige Skulpturen entworfen.