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Zahnarztangst und Vollnarkose: Was Sie beachten sollten

Es ist ein Klassiker, der gern angebracht wird, wenn über Zahnarztangst gesprochen wird: „Eine Vollnarkose ist doch nicht nötig. Heute gibt es so tolle Möglichkeiten der Behandlung, da muss man keine Angst vor dem Zahnarzt haben.“ Das mag nett gemeint und objektiv sogar in weiten Teilen richtig sein. Aber es beschreibt das Problem der Zahnarztangst (Dentalphobie) nur unzureichend.
 

Deshalb dieser Text über die Vollnarkose.

Inhalt:

    • Was ist eine Vollnarkose?
    • Unterschiede zwischen Lokalanästhesie und Vollnarkose
    • Die drei Phasen der Vollnarkose
    • Nebenwirkungen und Risiken bei der Vollnarkose
    • Wann zahlt die Krankenkasse die Vollnarkose?
    • Müssen gesetzlich Versicherte Angstpatienten die Kosten für die Vollnarkose immer selbst tragen?

Was ist eine Vollnarkose?

Eine Vollnarkose ist letztlich ein künstlich herbeigeführter Tiefschlaf. Dabei wird ein Medikamentencocktail verabreicht, der eine sogenannte vollkommene Schmerztoleranz zur Folge hat. Mit anderen Worten: Sie schlafen tief und fest und bekommen von der Behandlung nichts mit.

Bei bestimmten Eingriffen ist die Vollnarkose die erste Wahl, etwa bei Operationen im Krankenhaus. Beim Zahnarzt kommt die Vollnarkose aber eher selten zum Einsatz. Zum einen wird meist davon ausgegangen, dass die Behandlung bei einem Zahnarzt keiner vollständigen Narkose bedarf. Zum anderen zahlen in aller Regel die Krankenkassen den Eingriff nicht, so dass auch aus finanziellen Erwägungen heraus auf den Tiefschlaf verzichtet wird.

Für Menschen mit Dentalphobie kann die Narkose allerdings das einzige Mittel sein, um die Angst zu überwinden. Zudem besteht im Falle der Zahnarztangst sehr wohl die Möglichkeit, die Kosten von der Kasse übernehmen zu lassen (dazu weiter unten mehr).

Zusammenfassung: Eine Vollnarkose ist ein durch Medikamentenvergabe hervorgerufener Tiefschlaf, im Zuge dessen das Schmerzempfinden vollständig ausgeschaltet wird.

Unterschiede zwischen Lokalanästhesie und Vollnarkose

In der Zahnarztpraxis kommen zwei Methoden der Betäubung in Frage:

  • die Lokalanästhesie
  • die Vollnarkose

Die Lokalanästhesie ist die am häufigsten angewendete Art der Betäubung. Man unterscheidet hier zwischen vier Formen der Lokalanästhesie:

  1. die Infiltrationsanästhesie
  2. die Oberflächenanästhesie
  3. die intraligamentäre Anästhesie
  4. die Leitungsanästhesie

Da es in diesem Artikel vornehmlich um die Vollnarkose gehen soll, verzichten wir auf die Erläuterungen und Erklärungen der vier Methoden der Lokalanästhesie. Sie hat jedoch den grundsätzlichen Vorteil, dass weder dieLungenfunktion noch die Gehirnfunktion oder andere körperliche Funktionen betroffen sind bzw. beeinträchtigt werden. Nach der Behandlung ist der Patient sehr schnell wieder bei vollem Bewusstsein und kann allen Tätigkeiten nachgehen, denen er nachgehen möchte oder muss.

Bei der Vollnarkose fallen Sie in einen Tiefschlaf, aus dem Sie später wieder geweckt werden (indem die Medikation schrittweise zurückgefahren wird, mehr dazu im nächsten Kapitel). Aus diesem Grunde kann die Vollnarkose auch nicht von jeder Zahnarztpraxis durchgeführt werden. Denn mit anwesend sein muss ein Anästhesist, der den Tiefschlaf einleitet, überwacht und später den Aufwachprozess begleitet.

Zusammenfassung: Die Lokalanästhesie ist letztlich nichts anderes als die Betäubung mittels einer Spritze, bei der Vollnarkose muss ein Anästhesist die Behandlung begleiten und überwachen.

Die drei Phasen der Vollnarkose

Folgende drei Phasen durchlaufen Sie, wenn Sie unter Vollnarkose behandelt werden:

Die Einschlafphase

Zunächst erhalten Sie vom Anästhesisten ein Narkosemittel, das Sie sanft einschlummern lässt. Den Rest bekommen Sie schon gar nicht mehr mit, Sie werden aber schon vor dem Beginn der eigentlichen Zahnbehandlung überwacht, damit nichts schiefgeht.

Während der Narkose werden Sie zusätzlich mit Sauerstoff versorgt, da Sie Ihre Atmung selbst nicht mehr steuern können.

Die Erhaltungsphase

Während dieser Phase bekommen Sie eineBeatmungsmaske aufgesetzt oder einen Beatmungsschlauch eingeführt. Auch davon bemerken Sie nichts. Der Anästhesist versorgt Sie während der Zahnbehandlung weiter mit Narkotika, damit der Tiefschlaf weiter anhält.

Die Aufwachphase

Wenn der Zahnarzt mit der Behandlung fertig ist, wird die Zufuhr des Narkosemittels gestoppt, sie wachen langsam wieder auf.

Nach dem vollständigen Aufwachen dürfen Sie die Praxis nicht wieder sofort verlassen. Sie bleiben noch eine Weile in einem Aufwachbereich liegen, damit überprüft werden kann, ob auch nach dem Ende der Vollnarkose alles in Ordnung ist.



Zusammenfassung: Von den drei Phasen der Vollnarkose bekommen Sie nicht viel mit. Schon nach wenigen Augenblicken verfallen Sie in einen Tiefschlaf und spüren keinerlei Schmerzen.

Nebenwirkungen und Risiken bei der Vollnarkose

Eine Vollnarkose ist nie ohne Risiko, und auch Nebenwirkungen können auftreten. Welche das sind, hängt in erster Linie mit der Verfassung des Patienten zusammen. Von einer Vollnarkose absehen sollte man, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • chronische Erkrankungen etwa des Herzens, der Lunge, der Leber oder Schilddrüse, des Gehirns oder des Blutes
  • Schwangerschaft
  • Allergien und andere Unverträglichkeiten
  • andere Sachverhalte, die im Vorgespräch geklärt werden müssen

Auch die Lebensführung des Patienten kann gegen eine Vollnarkose sprechen. Dazu gehören Tabakkonsum, Alkoholkonsum und die Einnahme von Drogen.

Als mögliche Nebenwirkungen während der Vollnarkose seien folgende genannt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Probleme mit der Atmung
  • allergische Reaktionen
  • Störungen der Gedächtnisleistung und der Hirnfunktionen
  • Herzkreislaufstörungen

Häufig treten auch nach der Narkose noch Nebenwirkungen auf:

  • Erbrechen und Übelkeit
  • Schluckbeschwerden und Halsschmerzen
  • Bewegungseinschränkungen
  • Taubheitsgefühle
  • Muskelzittern
  • Kälteempfindungen
  • nachträgliche allergische Reaktionen
  • Blutdruckstörungen, Herzrhythmusstörungen
  • Verwirrungen
  • Müdigkeit

Es gibt durchaus Patienten, die von alledem überhaupt nichts erleben. Sie schlafen ein, lassen sich behandeln, wachen und wieder auf und sind kurze Zeit später schon wieder verhältnismäßig fit.

Bei anderen treten jedoch Nebenwirkungen auf, die sich zwar meist nur temporär zeigen, aber auch längere Zeiträume betreffen können. In diesen Fällen muss unbedingt mit einem Arzt gesprochen werden.

An dieser Stelle sei ein wichtiger Hinweis angebracht. Wenn Sie das Vorgespräch mit dem Zahnarzt bzw. Anästhesisten führen , seien Sie auf jeden Fall ehrlich und verschweigen Sie nichts! Die Ärzte müssen sich auf Ihre Aussagen verlassen und können sich nicht auf Dinge einstellen, die Sie verheimlichen.

Zusammenfassung: Risiken und Nebenwirkungen lassen sich bei einer Vollnarkose niemals vollständig ausschließen. In vielen Fällen verläuft die Behandlung aber problemlos. Bei den Vorgesprächen ist es von enormer Bedeutung, unbedingt die Wahrheit zu sagen und nichts zu verschweigen.

Wann zahlt die Krankenkasse eine Vollnarkose?

Wie auch bei der Behandlung mit Lachgas (das im Übrigen nicht mit einer Vollnarkose gleichgesetzt werden kann, auch wenn man im Netz immer wieder Informationen findet, die das behaupten), muss die Vollnarkose meist selbst bezahlt werden. Doch es gibt Ausnahmen, und selbst ein Anruf bei der Krankenkasse bietet hier nicht zwingend passende Antworten.

Dennoch gibt es Voraussetzungen, unter denen die Vollnarkose von der Krankenkasse übernommen werden. Da es hier aber vornehmlich um Dentalphobie geht, seien diese nur kurz erwähnt:

  • komplizierte oder große Eingriffe
  • wenn organische Erkrankungen vorliegen
  • bei Kindern unter 12 Jahren
  • bei Menschen mit geistiger Behinderung

Trotz alledem und selbst, wenn die Voraussetzungen vorzuliegen scheinen, ist die Rückversicherung bei der Krankenkasse unbedingt angeraten (es sei denn, die Entscheidung wurde von einem Mediziner gefällt, wie das in Krankenhäusern ja oft der Fall ist).

Noch ein Hinweis zur privaten Krankenversicherung (PKV): Hier stellt sich die Frage nach der Kostenübernahme einer Vollnarkose immer im Zusammenhang mit dem gewählten Tarif. Wenn dieser eine solche Behandlung beinhaltet, kann die Rechnung eingereicht werden. Allerdings ist es besonders bei der PKV immer empfehlenswert, vor der Behandlung mit Vollnarkose zu klären, ob die Kosten übernommen werden. Zuweilen sind die Tarifbestimmungen recht vage oder unklar formuliert, so dass es ratsam ist, die Sachlage rechtzeitig zu klären.

Zusammenfassung: Da die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme der Krankenkasse oder der PKV nicht eindeutig geregelt sind, sollte vor der Behandlung abgeklärt werden, wie die konkrete Situation einzuordnen ist.

Müssen gesetzlich Versicherte Angstpatienten die Kosten für die Vollnarkose immer selbst tragen?

An dieser Stelle wird es brisant. Denn im Internet finden Sie wahrscheinlich in den meisten (natürlich nicht in allen) Fällen den Hinweis, dass die Krankenkassen Vollnarkose bei Patienten mit Dentalphobie grundsätzlich nicht übernehmen.

Auch ein Anruf bei Ihrer Kasse könnte Ähnliches zutage fördern. Wir haben selbst Testanrufe gemacht und waren überrascht, wie eindeutig die Aussagen bzw. Absagen der Sachbearbeiter waren.

Dabei können Sie durchaus darauf hoffen, dass die Kosten für die Vollnarkose von der Krankenkasse übernommen werden. Voraussetzung dafür ist allerdings ein Gutachten, das von einem Psychiater bzw. einer Psychiaterin geschrieben werden muss.

Wenn Sie sich etwa an eine/n Psychotherapeut/in wenden und diese/r Ihnen das Gutachten schreibt, besteht die Möglichkeit (ja, sogar die Wahrscheinlichkeit), dass Ihre Krankenkasse die Kostenübernahme ablehnt. Es muss also eine psychiatrische Fachkraft sein, die das Gutachten für Sie aufsetzt. Ist das geschehen, steht der Kostenübernahme durch Ihre Krankenkasse nichts im Wege.

Abschließender Hinweis: Dieser Artikel ersetzt nicht das Gespräch mit einem Arzt oder Zahnarzt. Er gibt lediglich Hinweise für das richtige Vorgehen, die keine abschließende Einschätzung erlauben.

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