Warum die Angst vor dem Zahnarzt genauso ernst genommen werden muss wie die vor Vogelspinnen

Angst vor Spinnen oder Angst vor Spritzen?
Bisher gingen Forscher meist davon aus, dass die Dentalphobie mit ihren Symptomen am ehesten mit der Angst vor Spritzen, Blutungen oder Verletzungen auf eine Linie zu stellen ist. So nachvollziehbar das klingen mag, tatsächlich ist das offensichtlich ein Irrglaube. Untersuchungen haben gezeigt, dass beim Zeigen bestimmter Bilder entsprechende Reaktionen zu beobachten sind. Die Bilder reichten von neutralen Gegenständen wie Bäumen über Bohrer, die beim Zahnarzt verwendet werden bis hin zu Insekten wie etwa Vogelspinnen. In der Folge wurden Gehirnströme, Puls und die Mimik der Probanden untersucht und analysiert. Mit überraschenden Resultaten. Aufgrund der Tatsache, dass der Bereich des Gehirns, der für die Verarbeitung optischer Reize verantwortlich ist, bei den Untersuchungen sehr aktiv war, schlossen die Forscher, dass die Dentalphobie am ehesten mit der von Phobien gegenüber ganz bestimmten Tieren vergleichbar ist.
Die Studie, die aus den Untersuchungen entstand, kam zum Schluss, dass der therapeutischen Hilfe für Zahnarztpatienten mit der Hilfe dieser neuen Erkenntnisse neue Ansätze gut zu Gesicht ständen. Auch für Zahnärzte, Angehörige, Freunde und natürlich den Menschen mit Dentalphobie selbst kann diese Studie hilfreiches Wissen liefern.
Sinnvolle Hilfe von „Light“ bis „Professionell“
Keine Phobie gleicht bis ins Detail der anderen, das gilt auch für Menschen mit Dentalphobie. Hinzu kommt die Frage, wie lange die Phobie schon besteht bzw. wie lange der letzte Zahnarztbesuch her ist. In weniger schweren Fällen kann die Hilfe durchaus vom Partner, von guten Freunden oder Familienangehörigen kommen. Sie können als Gesprächspartner im Vorfeld eine wichtige Stütze sein, aber auch beim Besuch beim Zahnarzt selbst eine beruhigende Wirkung haben.
In anderen Fällen allerdings ist der ungesunde Zustand der Zähne bereits so weit fortgeschritten, dass die liebsten Menschen alleine das Problem nicht mehr bewerkstelligen können. Hier ist professionelle Hilfe der einzig gangbare Weg. Ob dies in Form von Gesprächstherapie geschieht, Hypnose oder andere Methoden angewendet werden, ist im Einzelfall zu klären. Wenn „gar nichts mehr geht“, bleibt jedoch meist nur die Maßnahme Vollnarkose. Sie sollte zwar die letzte Option sein, aber niemals als Möglichkeit ausgeblendet werden.
Erfahrungsberichte
Ein Mann erzählt, dass ihm im Jugendalter von seinem Zahnarzt verdächtig viele Zähne gezogen wurden. Andere Behandlungsoptionen schienen für den Zahnmediziner keine Option zu sein. Der Betroffene leidet noch heute unter starker Zahnarztangst.
Alexander könnte als klassischer Fall bezeichnet werden. Durch seine Zahnarztangst war er schon jahrelang nicht mehr in einer Praxis. Als er sich dann durchgerungen hat, hatte er das Glück, zu einem Zahnarzt zu kommen, der empathisch auf seine Ängste eingegangen ist und die Behandlung nicht überstürzt hat.
Jana hat bei ihrem Zahnarztbesuch gleich zwei wichtige Erfahrungen gemacht. Zum einen hat sie festgestellt, dass Lachgas seinen Namen nicht der Eigenschaft des Lachens zu verdanken hat. Die beruhigende Wirkung hat sich aber positiv auf die Behandlung ausgewirkt. Und zum anderen ist Jana der festen Überzeugung, dass selbst die besten Methoden wirkungslos sind, wenn der Zahnarzt unsensibel ist.
Bei Max war es sein 50. Geburtstag, der ihn die Entscheidung treffen ließ, nun allen Mut zusammen zu nehmen und einen Zahnarzt aufzusuchen. Belohnt wurde sein Mut nicht, zumindest zunächst nicht. Max musste die Erfahrung machen, dass nicht jede Praxis, die vorgibt, auf Dentalphobie spezialisiert zu sein, das auch wirklich ist. Letztlich fand er aber die Praxis, die mit ihm vorsichtig genug umgehen konnte.
Wenn es ein Vorzeigebeispiel für ein Kindheitstrauma gibt, dann ist Petra sicher die beste Wahl. Sie kannte bis zu ihrem 10. Lebensjahr überhaupt keine Angst vorm Zahnarzt und wurde dann von einem Zahnmediziner so plump behandelt, dass sie von diesem Zeitpunkt an nicht mehr ohne Panik eine Praxis aufsuchen konnte. Sie musste bis zum 40. Lebensjahr warten, bevor sie einen Zahnarzt fand, der einfühlsam mit ihr umging.
Daniel hat erkannt, dass seine Zahnarztangst erheblichen negativen Einfluss auf sein Leben nimmt. Bei ihm war es weniger die Angst als vielmehr die Scham, die ihm das Leben schwergemacht hat. Er traute sich kaum noch unter Leute, weil ihm seine Zähne peinlich waren. Nachdem er sich aufgerafft hatte, zu einem feinfühligen Zahnarzt zu gehen, hat er ein völlig neues Lebensgefühl.
Bei Andrea liegt ein Teil des Problems in der Kommunikation. Oder besser: in der fehlenden Kommunikation. Sie hatte als junges Mädchen einen Zahnarztbesuch, der eine umfangreiche Behandlung zur Folge hatte. Doch reden wollte darüber niemand mit ihr.
Nachrichten
Wer Patienten mit Dentalphobie verstehen will, muss sich zunächst von zahlreichen eigenen Einschätzungen und Einstellungen verabschieden. Denn die Wahrnehmung von Menschen mit Zahnarztangst ist eine andere. Wer das weiß, ist einen großen Schritt weiter – und wird die Spritze mit neuen Augen betrachten.
Der Zahnarztbesuch ist immer wieder so ein Thema. Während die eine Personengruppe sich auf den Behandlungsstuhl setzt, als würde sie in einem Kinosessel Platz nehmen, bekommt die andere schon Panik, wenn sie auch nur an den Geruch einer Praxis denkt. Eine russische Künstlerin möchte auf das Thema Zahnhygiene aufmerksam machen und hat dazu sehr eigenwillige Skulpturen entworfen.