Zahnarztangst und die Krankenkassen

Die Krankenkassen sind auf Zahnarztangst nicht gut zu sprechen, so scheint es jedenfalls. Nun gehen allerdings die Leistungen bereits seit Jahren allgemein zurück, die Patienten müssen in allen medizinischen Bereichen viele Behandlungen ganz oder teilweise aus der eigenen Tasche zahlen. Das ist bei Patienten mit Zahnarztangst auch nicht anders.
Zwar gibt es eine Belastungsgrenze, die 2 Prozent vom Bruttoeinkommen nicht übersteigen darf. Doch diese Grenze bezieht sich auf alle medizinischen Behandlungen im Jahr. In aller Regel müssen Angstpatienten ihr Problem also im wahrsten Sinne des Wortes teuer bezahlen. Doch es gibt Möglichkeiten, die finanzielle Belastung in einem überschaubaren Rahmen zu zu gestalten.
Der Festzuschuss
Den Festzuschuss gibt es seit 2005. Als er eingeführt wurde, befürchteten viele Patienten, dass auf sie höhere Eigenbeteiligungen zukommen als zuvor, als es diese Regelung noch nicht gab. Sie behielten recht, denn während Behandlungen, Materialien und Arzthonorare angepasst wurden, blieben Patienten auf der Strecke.
Dennoch gibt es dank des Bonusheftes die Möglichkeit, sich weitere Zuschüsse von der Krankenkasse zu sichern.
Die Härtefallregelung
Da sich die Krankenkassen speziell bei Zahnersatz und ästhetischen Behandlungen nur noch mit 50 Prozent an den Kosten beteiligen (zuzüglich möglicher Beteiligungen durch das regelmäßige Führen des Bonusheftes), sind viele Patient in Not, zum Beispiel, wenn sie ihren Zahnersatz auch unter ästhetischen Gesichtspunkten anpassen lassen wollen. Speziell bei Zahnarztangst greift jedoch das Bonusheft nicht, denn Menschen mit Dentalphobie führen dieses Heft naturgemäß nicht.
Die Härtefallregelung kommt bei Menschen zum Tragen, die ein sehr geringes Einkommen haben oder arbeitslos sind. Im besten Fall wird für sie die komplette (Basis-)Behandlung übernommen.
Die Behandlung unter Vollnarkose ist bei den Krankenkassen nicht vorgesehen. Was jedoch im Einzelfall bezahlt wird, ist eine Psychotherapie, die helfen soll, besser mit der Phobie klarzukommen bzw. sie im besten Fall durch die Therapie vollständig abzubauen. Manchmal kann es reichen, wenn durch therapeutische Hilfe die Angst so weit kontrolliert werden kann, dass der Zahnarztbesuch etwas leichter fällt.
So löblich die Erstattung einer Psychotherapie auch sein mag, aus der Sicht der Patienten ist diese Maßnahme nicht viel wert. Zudem lässt sich durchaus ein Widerspruch entdecken. Denn auf der einen Seite hat der GKV-Spitzenverband die Zahnarztangst als psychische Erkrankung anerkannt. Damit räumt er ein, dass es sich um ein nachgewiesenes Krankheitsbild handelt. Auf der anderen Seite wird die Zahnbehandlung dennoch nicht übernommen, weil Zahnärzte keine psychotherapeutischen Leistungen erbringen. Der faktische therapeutische Wert einer erfolgreichen Behandlung von Angstpatienten spielt dabei keine Rolle.
Kostenübernahme bei der Privaten Krankenversicherung (PKV)
Die Kostenübernahme bei den gesetzlichen Krankenkassen ist einheitlich geregelt, auch wenn es an einigen Stellen ein wenig Spielraum für die Kassen gibt. Ganz anders sieht das bei den privaten Krankenversicherungen aus. Doch das bedeutet nicht, dass PKV-Versicherte automatisch mit einer Kostenerstattung rechnen können.
Wer sich privat versichert, „kauft“ sich seine Leistung individuell ein. Als Faustregel lässt sich festhalten, dass es weniger Leistung für weniger und mehr Leistungen für mehr Geld gibt. Doch auch hier sind Verallgemeinerungen nicht zu empfehlen, denn zum einen unterscheiden sich die Tarife der verschiedenen Versicherungen inhaltlich voneinander. Und zum anderen kalkuliert jedes Krankenversicherung anders. Daher ist die eine günstiger, die andere teurer (das kann sich allerdings im Laufe der Zeit ändern, wenn sich herausstellt, dass die eigene Kalkulation nicht aufging und die Beiträge entsprechen angehoben werden müssen).
Die wenigsten Versicherten kennen ihre PKV-Tarife genau genug, um direkt zu erkennen, ob die Kosten bei Zahnarztangst übernommen werden. Es ist daher zu empfehlen, den individuellen Einzelfall der Versicherung vorzulegen und prüfen zu lassen.
Finanzierung für die Behandlung von Menschen mit Dentalphobie
Man kann es drehen und wenden, wie man will – Menschen mit Zahnarztangst werden nur in seltenen Fällen das Glück haben, dass ihre Behandlung von der Kasse oder der Krankenversicherung übernommen werden. Nun lässt sich nicht pauschal sagen, was eine Behandlung kostet, das hängt von der Notwendigkeit der einzelnen Behandlungen ab.
Viele Zahnärzte haben jedoch inzwischen mittels Kooperationspartnern Finanzierungen für die Behandlung unter Vollnarkose geschlossen. Auch andere Behandlungen, die sonst nicht übernommen werden, können finanziert werden.
Auch mit Blick auf die Entscheidung des GKV Spitzenverbandes ist es eigentlich nicht nachvollziehbar, dass Angstpatienten auf den Kosten meist alleine sitzen bleiben. Doch eine Finanzierung und das schrittweise Abbauen der Kosten für die Behandlung sind allemal besser als alles auf einen Schlag zahlen zu müssen. Denn das überfordert das Portemonnaie der meisten Angstpatienten.
Erfahrungsberichte
Ein Mann erzählt, dass ihm im Jugendalter von seinem Zahnarzt verdächtig viele Zähne gezogen wurden. Andere Behandlungsoptionen schienen für den Zahnmediziner keine Option zu sein. Der Betroffene leidet noch heute unter starker Zahnarztangst.
Alexander könnte als klassischer Fall bezeichnet werden. Durch seine Zahnarztangst war er schon jahrelang nicht mehr in einer Praxis. Als er sich dann durchgerungen hat, hatte er das Glück, zu einem Zahnarzt zu kommen, der empathisch auf seine Ängste eingegangen ist und die Behandlung nicht überstürzt hat.
Jana hat bei ihrem Zahnarztbesuch gleich zwei wichtige Erfahrungen gemacht. Zum einen hat sie festgestellt, dass Lachgas seinen Namen nicht der Eigenschaft des Lachens zu verdanken hat. Die beruhigende Wirkung hat sich aber positiv auf die Behandlung ausgewirkt. Und zum anderen ist Jana der festen Überzeugung, dass selbst die besten Methoden wirkungslos sind, wenn der Zahnarzt unsensibel ist.
Bei Max war es sein 50. Geburtstag, der ihn die Entscheidung treffen ließ, nun allen Mut zusammen zu nehmen und einen Zahnarzt aufzusuchen. Belohnt wurde sein Mut nicht, zumindest zunächst nicht. Max musste die Erfahrung machen, dass nicht jede Praxis, die vorgibt, auf Dentalphobie spezialisiert zu sein, das auch wirklich ist. Letztlich fand er aber die Praxis, die mit ihm vorsichtig genug umgehen konnte.
Wenn es ein Vorzeigebeispiel für ein Kindheitstrauma gibt, dann ist Petra sicher die beste Wahl. Sie kannte bis zu ihrem 10. Lebensjahr überhaupt keine Angst vorm Zahnarzt und wurde dann von einem Zahnmediziner so plump behandelt, dass sie von diesem Zeitpunkt an nicht mehr ohne Panik eine Praxis aufsuchen konnte. Sie musste bis zum 40. Lebensjahr warten, bevor sie einen Zahnarzt fand, der einfühlsam mit ihr umging.
Daniel hat erkannt, dass seine Zahnarztangst erheblichen negativen Einfluss auf sein Leben nimmt. Bei ihm war es weniger die Angst als vielmehr die Scham, die ihm das Leben schwergemacht hat. Er traute sich kaum noch unter Leute, weil ihm seine Zähne peinlich waren. Nachdem er sich aufgerafft hatte, zu einem feinfühligen Zahnarzt zu gehen, hat er ein völlig neues Lebensgefühl.
Bei Andrea liegt ein Teil des Problems in der Kommunikation. Oder besser: in der fehlenden Kommunikation. Sie hatte als junges Mädchen einen Zahnarztbesuch, der eine umfangreiche Behandlung zur Folge hatte. Doch reden wollte darüber niemand mit ihr.
Nachrichten
Wer Patienten mit Dentalphobie verstehen will, muss sich zunächst von zahlreichen eigenen Einschätzungen und Einstellungen verabschieden. Denn die Wahrnehmung von Menschen mit Zahnarztangst ist eine andere. Wer das weiß, ist einen großen Schritt weiter – und wird die Spritze mit neuen Augen betrachten.
Der Zahnarztbesuch ist immer wieder so ein Thema. Während die eine Personengruppe sich auf den Behandlungsstuhl setzt, als würde sie in einem Kinosessel Platz nehmen, bekommt die andere schon Panik, wenn sie auch nur an den Geruch einer Praxis denkt. Eine russische Künstlerin möchte auf das Thema Zahnhygiene aufmerksam machen und hat dazu sehr eigenwillige Skulpturen entworfen.