Warten auf das Wunder
Ich hatte immer schon Angst vor dem Zahnarzt. Keine Ahnung, warum, war wohl irgend so ein Kindheitstrauma oder so. Ich erinnere mich echt nicht mehr, aber meine Lage wurde von Jahr zu Jahr schlimmer. Kurz nach meinem 50. Geburtstag war mein Gebiss nur noch eine Baustelle. Ohne Ende freiliegende Zähne, total gelb und einige waren auch nicht mehr richtig fest. Das war wohl auch der Grund, dass ich irgendwann dachte, jetzt muss was passieren. Was passierte, war aber erst mal ziemlich übel.
In Frankfurt gibt es Zahnärzte ohne Ende. So gesehen dachte ich, dass es wohl ganz locker gehen muss, einen zu finden, der mit meiner Panik umgehen kann. Zweimal hab ich da aber voll daneben gegriffen. Beide Praxen meinten zwar, dass sie gut mit Angstpatienten können. Aber die Wirklichkeit sah total anders aus. Beide Male gingen die auf meine Angst überhaupt nicht ein, ich kam mir vor, als hätten die überhaupt keine Lust auf einen Angsthasen wie mich. Dann suchte ich ein bisschen im Internet rum. Da fand ich dann eine Praxis, die einen guten Eindruck machte. Inzwischen musste es irgendwie mal langsam klappen, denn mein Wille, etwas machen zu lassen, war schon nicht mehr so groß.
Ich sollte dann aber doch noch mein Wunder kriegen. Die Praxis, die ich im Netz gefunden hab, war wirklich so, wie man sich das wünscht. Alle waren total nett, keiner bedrängte mich. Und die nahmen mich auch echt ernst, sprachen ganz ruhig mit mir und fragten mich aus. Weil sie wissen wollten, wie das denn bei mir genau ist. Dann ging ich erstmal wieder nach Hause. Obwohl noch gar nichts gemacht war, fühlte ich mich schon besser. Schiss vor dem nächsten Termin hatte ich aber trotzdem, ist ja klar.
Ich ließ mich unter Vollnarkose behandeln. Das hat mich eine Stange Geld gekostet, aber mir war das fast egal, denn es musste einfach was passieren. Jetzt geht es mir richtig gut, ich gehe nur noch in diese Praxis. Und vielleicht versuche ich es beim nächsten Mal mit Lachgas, hab gehört, das soll auch gut wirken und nicht so viel kosten.
Erfahrungsberichte
Ein Mann erzählt, dass ihm im Jugendalter von seinem Zahnarzt verdächtig viele Zähne gezogen wurden. Andere Behandlungsoptionen schienen für den Zahnmediziner keine Option zu sein. Der Betroffene leidet noch heute unter starker Zahnarztangst.
Alexander könnte als klassischer Fall bezeichnet werden. Durch seine Zahnarztangst war er schon jahrelang nicht mehr in einer Praxis. Als er sich dann durchgerungen hat, hatte er das Glück, zu einem Zahnarzt zu kommen, der empathisch auf seine Ängste eingegangen ist und die Behandlung nicht überstürzt hat.
Jana hat bei ihrem Zahnarztbesuch gleich zwei wichtige Erfahrungen gemacht. Zum einen hat sie festgestellt, dass Lachgas seinen Namen nicht der Eigenschaft des Lachens zu verdanken hat. Die beruhigende Wirkung hat sich aber positiv auf die Behandlung ausgewirkt. Und zum anderen ist Jana der festen Überzeugung, dass selbst die besten Methoden wirkungslos sind, wenn der Zahnarzt unsensibel ist.
Bei Max war es sein 50. Geburtstag, der ihn die Entscheidung treffen ließ, nun allen Mut zusammen zu nehmen und einen Zahnarzt aufzusuchen. Belohnt wurde sein Mut nicht, zumindest zunächst nicht. Max musste die Erfahrung machen, dass nicht jede Praxis, die vorgibt, auf Dentalphobie spezialisiert zu sein, das auch wirklich ist. Letztlich fand er aber die Praxis, die mit ihm vorsichtig genug umgehen konnte.
Wenn es ein Vorzeigebeispiel für ein Kindheitstrauma gibt, dann ist Petra sicher die beste Wahl. Sie kannte bis zu ihrem 10. Lebensjahr überhaupt keine Angst vorm Zahnarzt und wurde dann von einem Zahnmediziner so plump behandelt, dass sie von diesem Zeitpunkt an nicht mehr ohne Panik eine Praxis aufsuchen konnte. Sie musste bis zum 40. Lebensjahr warten, bevor sie einen Zahnarzt fand, der einfühlsam mit ihr umging.
Daniel hat erkannt, dass seine Zahnarztangst erheblichen negativen Einfluss auf sein Leben nimmt. Bei ihm war es weniger die Angst als vielmehr die Scham, die ihm das Leben schwergemacht hat. Er traute sich kaum noch unter Leute, weil ihm seine Zähne peinlich waren. Nachdem er sich aufgerafft hatte, zu einem feinfühligen Zahnarzt zu gehen, hat er ein völlig neues Lebensgefühl.
Bei Andrea liegt ein Teil des Problems in der Kommunikation. Oder besser: in der fehlenden Kommunikation. Sie hatte als junges Mädchen einen Zahnarztbesuch, der eine umfangreiche Behandlung zur Folge hatte. Doch reden wollte darüber niemand mit ihr.
Nachrichten
Wer Patienten mit Dentalphobie verstehen will, muss sich zunächst von zahlreichen eigenen Einschätzungen und Einstellungen verabschieden. Denn die Wahrnehmung von Menschen mit Zahnarztangst ist eine andere. Wer das weiß, ist einen großen Schritt weiter – und wird die Spritze mit neuen Augen betrachten.
Der Zahnarztbesuch ist immer wieder so ein Thema. Während die eine Personengruppe sich auf den Behandlungsstuhl setzt, als würde sie in einem Kinosessel Platz nehmen, bekommt die andere schon Panik, wenn sie auch nur an den Geruch einer Praxis denkt. Eine russische Künstlerin möchte auf das Thema Zahnhygiene aufmerksam machen und hat dazu sehr eigenwillige Skulpturen entworfen.